Michael Hertl
Der Mythos Friedrich Nietzsche und seine Totenmasken
Optische Manifeste seines Kults und Bildzitate in der Kunst

Nach dem Tode des zuletzt geisteskranken Friedrich Nietzsche verdichteten sich Leben und Werk dieses „Propheten“ und „Märtyrers“ zu einer bezwingenden Mythosgestalt, der seine Totenmaske nach dem Willen der maßlos ehrgeizigen Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche das Bild seines lebendig weiterwirkenden Geistes anschaulich beigeben sollte. Am 2. Tag nach seinem Tod ließ sie die Totenmaske durch Curt Stöving und Harry Graf Kessler abnehmen - technisch missglückt, musste Max Klinger diese „Maske mit der schiefen Nase“ korrigieren. Ihre Unzufriedenheit mit diesem „unheroischen“ Gesicht führte dann 1910 zur „lebendigeren“ sog. Saudek-Maske, die Elisabeth Förster-Nietzsche in Kopien an einzelne Nietzsche-Verehrer als die „gültige“ und „bessere“ weitergab. Überraschende Einzelheiten sprechen dafür, dass Rudolph Saudek seiner Maskenvariation einige Vorarbeiten vorschaltete, die wohl im Vorfeld zur endgültigen Gestaltprägung mit Elisabeth Förster-Nietzsche diskutiert wurden.
Unter Nietzscheanern hätte es eigentlich als Sensation wirken müssen, als das Rhein-Echo am 25. August 1950 (an Nietzsches 50. Todestag) von einer zweiten Totenmaske berichtete, die schon am Tag unmittelbar nach seinem Tod auf Veranlassung von Adalbert Oehler (dem Vormund und Vetter des geisteskranken Nietzsche) abgenommen wurde. Der Entstehungs- und Wirkungsgeschichte auch dieser Maske ging der Autor durch Recherchen in Sils-Maria und vor allem im Nietzsche-Archiv Weimar, sowie in Interviews mit noch lebenden Zeitzeugen der Oehler-Familie nach.
Nach Abflauen der auch vom Dritten Reich besonders getragenen Nietzsche-Auffassung vom „Zarathustra“ und dem „Umwerter aller Werte“ bekam in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts das aus der Totenmaske inspirierte Nietzsche-Kultbild eine neue, „stillere“, im Affekt zurückgenommene Prägung.

Der Autor
Michael Hertl, Professor für Pädiatrie an der Universität Heidelberg und viele Jahre Leiter einer Kinderklinik in Mönchengladbach, kam aus seinem Forschungsschwerpunkt Ausdruckspsychologe über die Krankenphysiognomik zu den Totenmasken. Publikationen dazu: Der Gesichtsausdruck des Kranken. Aussagen zur Diagnose und zum Befinden, 1993; Totenmasken, 2002 (ausgezeichnet von der Stiftung Buchkunst).

124 Seiten, zahlreiche Abbildungen
Broschur mit Fadenheftung
Format 15,5 x 23,5 cm
Noch nicht angeboten, bereits erschienen
€ 19,80 / SFr 35,20
ISBN 978-3-8260-3633-0

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